Für Schwule ist es trotz des Antidiskriminierungsgesetztes oft immer noch schwer sich am Arbeitsplatz zu outen. In der Hamburger Morgenpost online vom 24.06.2013 gab es einen Artikel dazu.

 

Den Original-Artikel kann man unter folgendem Links nachlesen:

http://www.mopo.de/karriere/-homosexuell-mitarbeiter-schwul-outing-karriere-job-arbeitsplatz,21147550,23811418.html

So outen sich schwule Mitarbeiter im Job

 Aus seiner sexuellen Identität macht Guido Hunstig kein Geheimnis - auch nicht im Büro. „Wenn mich ein Kollege in der Kantine fragt, was ich am Wochenende gemacht habe, sage ich ihm einfach: Ich war mit meinem Mann unterwegs“, erzählt der 43-Jährige, der bei der Telekom als Teamleiter arbeitet.

 

So entspannt wie Hunstig ist längst nicht jeder. Viele Berufstätige trauten sich immer noch nicht, mit ihrer Homosexualität am Arbeitsplatz offen umzugehen, sagt Bernd Schachtsiek. Er ist Vorsitzender des Völklinger Kreises, einem Zusammenschluss schwuler Führungskräfte in Deutschland.

 

Angst vor Diskriminierung oder die Sorge, den Kollegen eine Angriffsfläche zu bieten - die Gründe, warum Homosexuelle ihre sexuelle Identität im Job verschweigen sind vielfältig. Dabei sind die Ängste Schachtsiek zufolge oft unnötig. Die tatsächlichen Reaktionen nach einem Outing seien meist weniger schlimm als erwartet.

 

Trotzdem ist Homosexualität nach wie vor ein Tabu-Thema in vielen Unternehmen - und Diskriminierungen sind nicht auszuschließen. Bewerber fahren deshalb gut, wenn sie sich die Firmen heraussuchen, für die Toleranz gegenüber Homosexuellen fest zur Firmenkultur gehört. Welche Firmen das sind, können Bewerber etwa auf der Karrieremesse „Sticks & Stones“ erfahren.

 

Von Adidas bis Coca-Cola präsentieren sich dort jedes Jahr Unternehmen, die offen mit dem Thema Homosexualität umgehen. „Die Firmen wollen mit ihrer Teilnahme ein Zeichen für ihre eigenen Mitarbeiter setzen und eine offene Geisteshaltung demonstrieren“, sagt der Gründer Stuart Cameron.

 

Schwule haben es in kleinen Firmen oft schwerer

 

Vor allem in großen international ausgerichteten Unternehmen finden homosexuelle Mitarbeiter in der Regel ein tolerantes Betriebsklima vor. „Wir legen Wert darauf, dass sich unsere Teams unterschiedlich zusammen setzen“, erzählt zum Beispiel Kerstin Pramberger, die bei der Deutschen Bank das Diversity Management leitet. Ganz anders sehe es dagegen manchmal in kleineren Unternehmen aus, erklärt Schachtsiek.

 

Je nach Firmenkultur hätten es homosexuelle Mitarbeiter dort mitunter schwer. Auch Mitarbeiter in männlich dominierten Branchen oder in technischen Betrieben müssten sich häufig mit Vorurteilen herumschlagen.

 

Sind Berufstätige unsicher, ob der Arbeitgeber ihnen wegen ihrer sexuellen Identität Probleme macht, sprechen sie das Thema am besten schon im Bewerbungsgespräch an, rät Schachtsiek. Oft reiche es, kurz zu erzählen, dass man einen Partner habe. Wenn die Personaler dann empfindlich reagierten, sei es oft besser, den Job nicht anzunehmen.

 

Entscheidet man sich für ein Outing, lassen Firmenneulinge am besten im Gespräch mit Kollegen nebenbei die Wochenendausflüge mit dem Partner einfließen. Wichtig sei bei einem Outing, Verständnis für Reaktionen zu haben, die zunächst einmal unerwartet sind. Kommt zunächst ein blöder Kommentar, ist der zwar ärgerlich - häufig lässt er sich aber mit der Verunsicherung der Kollegen erklären. Arten die Bemerkungen jedoch in Mobbing oder Diskriminierung aus, sollten Mitarbeiter sich an den Vorgesetzten oder den Betriebsrat wenden.

 

 

Gleiches Recht für alle: Antidiskriminierungsgesetz

 

Ein noch junges Gesetz

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), oft auch Antidiskriminierungsgesetz genannt, wurde 2006 im Bundestag beschlossen. Mit dem Beschluss wurden vier EU-Richtlinien zur Gleichbehandlung aus den Jahren 2000 bis 2004 in einem einheitlichen Gesetz zusammengeführt und umgesetzt. Breite Zustimmung erhielt das Gesetz von CDU, SPD und den Grünen. Abgelehnt wurde das AGG von der FDP und der Linkspartei.

 

Bestimmte Merkmale entscheiden

Das AGG verbietet Benachteiligungen nur, soweit sie an eines der folgenden personenbezogenen Merkmale anknüpfen: Rasse und ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion und Weltanschauung, Behinderung, Alter und sexuelle Identität. Eine Mehrfachdiskriminierung liegt vor, sobald mehrere Diskriminierungen auf dieselbe Person einwirken. Betroffen können zum Beispiel Frauen sein, die aufgrund ihres muslimischen Glaubens ein Kopftuch tragen.

 

Gang vor das Arbeitsgericht

Die im Antidiskriminierungsgesetz verankerten Rechte sind von Arbeitnehmern vor dem Arbeitsgericht einklagbar. Beschäftigte können sich in Betrieben mit mehr als fünf Mitarbeitern auch an den Betriebsrat wenden. Dabei gilt eine Frist von zwei Monaten. Das Opfer muss zunächst selbst beweisen, dass es gegenüber einer anderen Person ungünstig behandelt worden ist.

 

Gültig auch für andere Bereiche

Das AGG gilt natürlich nicht nur für den Bereich Arbeit oder Aus- und Weiterbildung - auch im Sozial- und Gesundheitswesen (zum Beispiel bei verweigerten Versicherungen) können diskriminierte Menschen ihre Ansprüche durchsetzen. Vom Antidiskriminierungsgesetz werden nur Geschäfte erfasst, die generell mit jedermann abgeschlossen werden (etwa Verträge mit Hotels, Gaststätten oder Kaufhäusern). Ausgenommen vom Diskriminierungsschutz ist der gesamte private Lebensbereich.


Hier ist ein interessanter Artikel vom 02.05.2014 aus Spiegel Online.

Der Link dazu:

http://www.spiegel.de/karriere/berufsleben/coming-out-im-vorstellungsgespraech-wann-ein-outing-sinn-macht-a-965822.html

Outing im Vorstellungsgespräch

Ach übrigens, ich bin schwul

 

Für den Personaler war es Small Talk, für Stefan Dowe eine heikle Frage: Waren Sie mit Ihrer Freundin da? Er hat sich geoutet - und den Job gekriegt.

 

Früher stellte sich die Frage gar nicht. Homosexualität war so geächtet - und in Deutschland bis vor 20 Jahren noch teilweise verboten -, dass bei einer Bewerbung auf eine neue Stelle wohl niemand auf die Idee gekommen wäre, sich vor dem potentiellen Chef zu outen. Aber wie sieht es eigentlich heute aus, in Zeiten eingetragener Lebenspartnerschaften, Diversity Management und Völklinger Kreis?

 

Aus eigener Erfahrung weiß ich: Der erste Impuls vieler Homosexueller im Bewerbungsprozess ist immer noch: "Ich sage mal lieber nichts." Zu groß ist die Angst, die Stelle nicht zu bekommen. Oder schlimmer noch: Wegen des Outings in der ganzen Branche keinen Fuß mehr in die Tür zu kriegen.

 

Auf den ersten Blick scheint die Sorge unberechtigt: Viele Homosexuelle befinden sich heute in öffentlichen Positionen und haben das Geheimnis um ihre Orientierung trotzdem gelüftet. Ob Politiker in Berlin, Hamburg oder Zürich - es scheint kein Problem mehr zu sein. Auch zahlreiche Prominente leben offen homosexuell und haben dadurch beruflich offenbar keine Nachteile erfahren: Hape Kerkeling, Alfred Biolek, Dunja Hayali oder Anne Will. Auch viele aktive und ehemalige Sportlerinnen gehören dazu, die deutschen Fußballerinnen sind in dem Punkt deutlich weiter als die Männer.

 

Auf der Vorstandsebene von Konzernen sieht es anders aus. Es gibt dort kaum offen lebende Homosexuelle - vermutlich, weil viele befürchten, sich damit angreifbar zu machen. Lässt sich daraus eine Taktik fürs Bewerbungsgespräch ableiten? Offiziell darf die Frage nach der sexuellen Orientierung ohnehin nicht gestellt werden. Und wird sie es doch, liegen die Vorteile des Verschweigens auf der Hand:

 

·                     Wenn ich meine Homosexualität verschweige, muss ich nicht befürchten, die Stelle deswegen nicht zu bekommen.

·                     Ich werde aufgrund des Themas Homosexualität nicht während des Gesprächs in die Defensive gedrängt.

 

Im Kern geht es also um die Angst, die ich habe, die Stelle nicht zu bekommen. Aber was sind die Vorteile, wenn ich es doch dem Arbeitgeber mitteile?

 

·                     Ich muss keine Angst mehr haben, dass er es herausfindet. (Was heute über einen Social-Media- und Google-Backgroundcheck einfach sein kann...)

·                     Der Arbeitgeber weiß sofort, woran er ist.

·                     Ich kann aus der Reaktion des Arbeitgebers schließen, woran ich bin.

 

Möchte ich die nächsten Jahre acht Stunden am Tag in einem Unternehmen verbringen, in dem ein Vorgesetzter Probleme mit Homosexuellen hat? Ein klares: Nein.

 

Trotzdem plädiere ich als Bewerbungshelfer nicht dafür, gleich mit der Federboa um den Hals ins Vorstellungsgespräch zu laufen. Auch im Anschreiben rate ich vom Outing ab, was allerdings manchmal gar nicht so einfach ist: Homosexuelle können nicht "verheiratet" in den Lebenslauf schreiben, sondern müssten theoretisch "in einer eingetragenen Partnerschaft" angeben.

 

Ein Freund oder der Freund?

 

Aber es gibt auch Situationen, in denen das Outing zum Vorteil wird, zum beeindruckenden Beweis für Ehrlichkeit und Authentizität: Bei einem Vorstellungsgespräch in Zürich kam das Gespräch aufs Reisen, und ich erzählte von einer Reise nach Brasilien. Darauf fragte mich der Personaler, ob ich mit meiner Freundin dort gewesen sei. Was sollte ich tun? Lügen und "Ja" sagen? Oder ein "diese Frage möchte ich nicht beantworten" herausstottern?

 

Ich entschied mich für die offensive Variante: "Fast, aber nicht ganz", sagte ich. "Ich war mit meinem Freund dort, er hat Familie in Brasilien." Ich konnte sehen, wie es im Personaler arbeitete. Dann fragte er höflich nach, ob ich "einen" Freund oder "den" Freund meinte. Ich antwortete: "den Boyfriend". Damit war das Thema abgehakt - und zwei Tage später bot er mir die Stelle an. Und er ist übrigens nicht homosexuell.

 

Sicher sollte man ein Gespür dafür entwickeln, wie und wann man solche Nachrichten im Gespräch übermitteln kann. Und eines ist klar: Ob sich ein Homosexueller überhaupt outen möchte, kann nur er selbst entscheiden. Manchmal wird sich auch keine Situation ergeben, in der ein Outing gewinnbringend eingesetzt werden kann. Und ein verlorenes Vorstellungsgespräch wird ein Outing eh nicht mehr retten.

 

Aber warum sollten es Homosexuelle nicht einfach mal probieren, wenn sie den Eindruck haben, offenen und klugen Personen gegenüberzusitzen? So bleiben Sie Ihrem Gesprächspartner auf jeden Fall im Gedächtnis.

 

Unternehmen sind in der Regel an einer langfristigen Beziehung zu ihren Angestellten interessiert. Und wenn diese Mitarbeiter auch in unbequemen Situationen dem Unternehmen gegenüber mit offenen Karten spielen, kann das diesen Firmen für die Zukunft nur recht sein.

 

 

Erstellt im Mai 2014


Ein Artikel aus dem Weser Kurier vom 12.08.2013 zum Thema Coming Out am Arbeitsplatz:

Outing im Job 

Worauf homosexuelle Mitarbeiter achten sollten

 

Bonn (dpa/tmn) – Aus Angst vor einem Karriereknick verschweigen viele im Job, dass sie homosexuell sind. Doch die Heimlichtuerei ist auf Dauer anstrengend. Dabei stehen viele Firmen homosexuellen Mitarbeitern inzwischen offen gegenüber. Bewerber müssen sie nur finden.

 

Viele Firmen stehen homosexuellen Mitarbeitern inzwischen offen gegenüber. Bewerber müssen sie nur finden.

 

Aus seiner sexuellen Identität macht Guido Hunstig kein Geheimnis – auch nicht im Büro. «Wenn mich ein Kollege in der Kantine fragt, was ich am Wochenende gemacht habe, sage ich ihm einfach: Ich war mit meinem Mann unterwegs», erzählt der 43-Jährige, der bei der Telekom als Teamleiter arbeitet.

 

So entspannt wie Hunstig ist längst nicht jeder. Viele Berufstätige trauten sich immer noch nicht, mit ihrer Homosexualität am Arbeitsplatz offen umzugehen, sagt Bernd Schachtsiek. Er ist Vorsitzender des Völklinger Kreises, einem Zusammenschluss schwuler Führungskräfte in Deutschland.

 

Angst vor Diskriminierung oder die Sorge, den Kollegen eine Angriffsfläche zu bieten – die Gründe, warum Homosexuelle ihre sexuelle Identität im Job verschweigen sind vielfältig. Dabei sind die Ängste Schachtsiek zufolge oft unnötig. Die tatsächlichen Reaktionen nach einem Outing seien meist weniger schlimm als erwartet.

 

Trotzdem ist Homosexualität nach wie vor ein Tabu-Thema in vielen Unternehmen – und Diskriminierungen sind nicht auszuschließen. Bewerber fahren deshalb gut, wenn sie sich die Firmen heraussuchen, für die Toleranz gegenüber Homosexuellen fest zur Firmenkultur gehört. Welche Firmen das sind, können Bewerber etwa auf der Karrieremesse «Sticks & Stones» erfahren. Von Adidas bis Coca-Cola präsentieren sich dort jedes Jahr Unternehmen, die offen mit dem Thema Homosexualität umgehen. «Die Firmen wollen mit ihrer Teilnahme ein Zeichen für ihre eigenen Mitarbeiter setzen und eine offene Geisteshaltung demonstrieren», sagt der Gründer Stuart Cameron.

 

Vor allem in großen international ausgerichteten Unternehmen finden homosexuelle Mitarbeiter in der Regel ein tolerantes Betriebsklima vor. «Wir legen Wert darauf, dass sich unsere Teams unterschiedlich zusammen setzen», erzählt zum Beispiel Kerstin Pramberger, die bei der Deutschen Bank das Diversity Management leitet. Ganz anders sehe es dagegen manchmal in kleineren Unternehmen aus, erklärt Schachtsiek. Je nach Firmenkultur hätten es homosexuelle Mitarbeiter dort mitunter schwer. Auch Mitarbeiter in männlich dominierten Branchen oder in technischen Betrieben müssten sich häufig mit Vorurteilen herumschlagen.

 

Sind Berufstätige unsicher, ob der Arbeitgeber ihnen wegen ihrer sexuellen Identität Probleme macht, sprechen sie das Thema am besten schon im Bewerbungsgespräch an, rät Schachtsiek. Oft reiche es, kurz zu erzählen, dass man einen Partner habe. Wenn die Personaler dann empfindlich reagierten, sei es oft besser, den Job nicht anzunehmen.

 

Entscheidet man sich für ein Outing, lassen Firmenneulinge am besten im Gespräch mit Kollegen nebenbei die Wochenendausflüge mit dem Partner einfließen. Wichtig sei bei einem Outing, Verständnis für Reaktionen zu haben, die zunächst einmal unerwartet sind. Kommt zunächst ein blöder Kommentar, ist der zwar ärgerlich - häufig lässt er sich aber mit der Verunsicherung der Kollegen erklären. Arten die Bemerkungen jedoch in Mobbing oder Diskriminierung aus, sollten Mitarbeiter sich an den Vorgesetzten oder den Betriebsrat wenden.

 

 

Erstellt im August 2013