6. Dezember 2019 – eigentlich Nikolaustag. Doch für Martin und Karsten war es der Tag aller Tage, denn morgens um neun Uhr gaben sich die beiden bei der Standesbeamtin im Rathaus Hagen (NWR) das Ja-Wort. Ein schöner und unvergesslicher Tag wurde es für die beiden Brautmänner.
Als wir, Helmut und ich, Wochen zuvor die Einladung zur Hochzeit bekamen, waren wir zunächst überrascht und dann erfreut. Dass wir die Einladung annehmen wollten, war uns von Anfang an klar – zumal wir Martin, ein Mitglied unserer Gruppe, schon lange kennen. Seit einiger Zeit wohnt er in Hagen, wo er auch Karsten kennen und lieben gelernt hat. Der Kontakt nach Bremen ist aber nie abgebrochen, schon oft waren die beiden zu verschiedenen Gruppenaktivitäten angereist.
Nun aber mussten wir den Tag für uns erst einmal organisieren: Urlaub einreichen, Hotel und Bahnfahrt buchen. Per Internet geht das heutzutage ganz schnell. Das passende Hotel war schnell gefunden, denn es war nur 150 Meter von dem Lokal entfernt, in dem die Hochzeitsfeier stattfinden sollte. Eine zeitlich gute Bahnverbindung war auch schnell gebucht.
Wir waren gespannt wie die Feier sein würde. Es war nämlich unsere erste gleichgeschlechtliche Hochzeit von Freunden an der wir teilnehmen durften. Die Koffer waren schnell gepackt – für eine Nacht braucht man nicht viel mitzunehmen, selbst wir kamen mit wenig Reisegepäck aus . . .
Die Bahnfahrt war leider etwas stressig. Wir mussten zwei Mal umsteigen – jeweils mit Verspätungen und der bangen Frage: Erreichen wir noch den Anschlusszug? Wir haben es geschafft, wenn auch im letzten Moment. In Hagen waren wir bald in unserem Hotel, hier konnten wir uns etwas ausruhen.
Wir hatten dann Lust auf eine Tasse Kaffee und gerne auch Kuchen. Beides fanden wir im „Rosengarten“, der Lokalität für die Hochzeitsfeier. Der Kaffee tat uns gut und die Waffel mit Vanille-Eis und heißen Kirschen waren auch nicht zu verachten. Natürlich waren wir neugierig. Wir durften einen Blick in den Saal für die Feierlichkeiten werden. Es war einfach wunderschön. Überall strahlten uns die Regenbogenfarben entgegen. Am liebsten wären wir gleich hier geblieben, doch wir mussten zurück zum Hotel, um uns umzuziehen.
Kurz vor 19 Uhr waren wir wieder im „Rosengarten“. Die ersten Gäste waren bereits anwesend sowie das schmucke Brautpaar. Nach der herzlichen Begrüßung und den Glückwünschen wurde uns gleich ein Glas Sekt in die Hand gedrückt. Immer mehr Gäste erschienen und bald waren ca. sechzig Familienmitglieder, Feuerwehrmänner, Kolleg*innen und Freunde beim Empfang. Alle Gäste wurden kurz darauf für ein Foto für das Gästebuch fotografiert in dem man sich auch gleich eintragen sollte.
Das kalt-warme Buffet wurde flink herein gebracht und nach einer kurzen Ansprache und einer Inszenierung mit Feuerfontänen und Trockeneis-Dampf eröffnet. Nicht nur das sehr gut sah aus, sondern auch die Speisen selbst. Und lecker war es auch noch. Man konnte gar nicht soviel essen wie man wollte. Die leer gegessenen Teller wurden umgehend abgeräumt und die gewünschten Getränke wurden sogleich gebracht. Guter Service, gutes Personal. Das Dessert, drei Sorten Eis nach Wahl mit heißen Kirschen und/oder heißer Schokolade wurde noch einmal gesondert kredenzt.
Schließlich waren alle Gäste satt und zufrieden – wer es nicht war, hatte selber Schuld. Für Martin und Karsten begann jetzt die Pflicht: Der DJ rief zum Ehrentanz. Gesungen wurde von der Sängerin Roya das Lied Regenbogenfarben von Kerstin Ott. Danach wurden wie üblich die Trauzeugen aufgefordert auf der Tanzfläche zu erscheinen – alle anderen Gäste folgten.
Des weiteren wurde, neben dem Tanzen, sich unterhalten und viel gelacht. Mit anderen Worten: Es herrschte eine super Stimmung.
Schnell war Mitternacht. Es wurde eine große rechteckige Torte von der Feuerwehr hereingetragen. Kurz darauf kam sie eigentliche dreistöckige Hochzeitstorte, mit essbaren Rosenblüten an der Seite – natürlich in den Regenbogenfarben. Die Torte sah nicht nur zum rein Beißen gut aus, sie schmeckte auch hervorragend.
Es wurde weiter getanzt, miteinander geredet und gelacht. Bis in den frühen Morgenstunden. Es war eine tolle Hochzeitsfeier im Zeichen des Regenbogen. Dem Brautpaar können wir nur sagen: Vielen Dank, dass wir dabei sein durften. Mögen alle eure Wünsche und Träume in Erfüllung gehen . . .
Norbert
Erstellt im Dezember 2019
zum Artikel „Das Outing als Befreiungsschlag“
Es war schon sehr interessant was wir mit dem Artikel des Weser-Kuriers über uns als Spät-Outler ausgelöst hatten. Überrascht waren wir wie viele Menschen, die uns kennen, diesen Artikel gelesen hatten ohne dass wir darüber erzählt hatten.
In unserem unmittelbaren Umfeld bekamen wir nur positive Reaktionen. Da der Artikel von Seiten des Weser-Kuriers auch auf Facebook zu lesen war (was uns leider vorher nicht mitgeteilt wurde), wurde er noch mehr verbreitet. In diesem Forum gab es einige Kommentare, die einfach nur dämlich waren, weil die Kommentatoren den Artikel nur ansatzweise gelesen hatten. Erfreulich waren die Antworten auf diese Kommentare, denn hier wurden wir wieder verteidigt.
Direkt im Weser-Kurier gab es einige Tage später auch Leserbriefe als Reaktion auf den Artikel. Diese Meinungen möchte ich unseren Lesern nicht vorenthalten:
Uninteressant (29.08.2019)
Eine Seite für eine private, lange zurückliegende Entscheidung von zwei Männern. Welches Interesse hat der Leser an einer Story, die vielleicht zwei Prozent unserer Gesellschaft betrifft? Es sei denn, die Lobby-Verbände haben ein Interesse an der Verbreitung dieser für den Großteil der Gesellschaft uninteressanten Beziehungskiste. Das „öffentliche Outing“ ist peinlich. Es gibt genug Plattformen, die das öffentliche Outing von Schwulen und Lesben pflegen. Hat eine Tageszeitung diese Information nötig? Wollen diese Männer für ein solches Leben werben? Eine Tageszeitung soll informieren, politisch und gesellschaftlich. Gehört das Anpreisen einer gesellschaftlichen Minderheit dazu?
Ramona Kuhla, Syke
Intolerant (01.09.2019)
Die Ausdrucksweise der Leserbriefautorin ist an Intoleranz und Ablehnung kaum zu überbieten. Tageszeitungen sind selbstverständlich auch dafür da, über Minderheiten zu berichten und für Toleranz zu werben. Einem Rückfall in frühere Zeiten muss man rechtzeitig etwas entgegensetzen.
Wolfgang Bertram, Bremen
Unterschwellig homophob (01.09.2019)
Was, um Gottes Willen, will uns die Leserbriefschreiberin mit ihrer unterschwellig homophoben und im 21. Jahrhundert peinlichen Meinungsäußerung denn mitteilen?
Uninteressant ist weder der Artikel noch das „öffentliche Outing“, sondern dieser Leserbrief. Wenn ich die dort dargestellte Meinung konsequent weiterverfolge, sollten zukünftig Artikel über alle gesellschaftlichen Minderheiten, die in ihrer Gesamtheit dann wieder den Großteil unserer Gesellschaft bilden, weggelassen werden, und unsere Tageszeitung würde erheblich weniger zu berichten haben.
Ehrlich gesagt, sind die gemachten Aussagen ebenso erbärmlich wie überflüssig. Vielleicht kann sich die Leserbriefschreiberin aber in einschlägigen Internetforen austauschen und sich ihr reines Weltbild ohne diese „Werbung“ bestätigen lassen und dem interessierten Leser seine Meinungsbildung zu Berichten selbst überlassen. Das wäre souverän.
Jan Waschkowski-Kusche, Bremen
Zu dem Leserbrief von Frau Kuhla kann ich nur sagen, dass die Frau vollkommen uninformiert ist.
Die Entscheidung, dass wir unsere Familien damals verlassen haben, richtete sich nicht gegen unsere Familien – wir lieben sie immer noch. Es hat mit unserer eigentlich verdrängten Sexualität zu tun.
Wir haben unsere Familien nicht gemeinsam verlassen, sondern jeder für sich und unabhängig voneinander – wir haben uns erst später kennen gelernt.
Es trifft nicht zu, dass die Lesben und Schwulen sowie Trans- und Intersexuellen Menschen nur 2 % der Bevölkerung ausmachen – es sind bis zu 10 %.
Wir sind auch kein Lobby-Verband – Lesben und Schwule trifft am in allen Berufen.
Ein Outing ist immer öffentlich. Das ist auch nicht peinlich, sondern notwendig, weil es immer noch Menschen gibt, die uns wegen unserer Sexualität diskriminieren. Oder sollen wir es so machen wie die heterosexuellen Paare, die man in Swinger-Clubs am Stadtrand von Bremen findet, die Partnertausch betreiben oder wo sich die Männer von einer Domina auspeitschen lassen?
Unsere Tageszeitung informiert über die Gesellschaft – wir sind ein großer Teil davon. Und die große Mehrheit muss Minderheiten aushalten können.
Es lebe die freiheitliche Demokratie mit allen Menschen. Ob homo- oder heterosexuell, ob weiß oder schwarz – das Leben ist bunt.
Ihnen persönlich wünsche ich eine erfüllte Sexualität, egal welche Neigungen Sie haben.
Norbert
Erstellt im September 2019
Update
Nun ist alles klar . . .
Entlarvt durch Facebook!
Diesen Screenshot hat mir meine Tochter geschickt.
Uninteressant (29.08.2019)
Eine Seite für eine private, lange zurückliegende Entscheidung von zwei Männern. Welches Interesse hat der Leser an einer Story, die vielleicht zwei Prozent unserer Gesellschaft betrifft? Es sei denn, die Lobby-Verbände haben ein Interesse an der Verbreitung dieser für den Großteil der Gesellschaft uninteressanten Beziehungskiste. Das „öffentliche Outing“ ist peinlich. Es gibt genug Plattformen, die das öffentliche Outing von Schwulen und Lesben pflegen. Hat eine Tageszeitung diese Information nötig? Wollen diese Männer für ein solches Leben werben? Eine Tageszeitung soll informieren, politisch und gesellschaftlich. Gehört das Anpreisen einer gesellschaftlichen Minderheit dazu?
Ramona Kuhla, Syke
Norbert
Erstellt im September 2019
Nach meinem sehr späten persönlichen inneren Outing habe ich mich außer bei meiner Familie auch bei den meisten meiner früheren Hetero-Freunde offenbart mit der Überlegung, dass, wenn diese pikiert oder ablehnend reagieren sollten, dann sind sie es auch nicht wert, noch weiter als meine Freunde angesehen zu werden. Ich war erleichtert, dass mein Outing bei allen wider Erwarten sehr positiv aufgenommen wurde.
Bei weiteren Gesprächen mit einigen dieser Freunde, die bisher keinerlei Kontakte zu Menschen aus der LGBT Community hatten und diese wohl auch nicht unbedingt suchten oder wollten, war ich entsetzt über deren Unwissen und arrogante Haltung über die immer noch vorherrschende Diskriminierung auch in unserer deutschen Gesellschaft.
Der Anlass zu diesen Gesprächen waren die z.Zt. überall stattfindenden CSD`s, so auch in Bremen, die unisono als ein überflüssiges Spektakel, als eine völlig unnötige, nervige Veranstaltung angesehen wurden, die zu vielen Belästigungen der großen Mehrheit der Menschen führen würde, wie Lärmbelästigung der Anwohner, Verkehrschaos und damit zu einer großen Rücksichtlosigkeit gegenüber der allgemeinen Gesellschaft. Wenn „diese Typen“ feiern wollen, dann sollen sie es doch unter sich in einem verschlossenen Veranstaltungsraum tun ohne die, die mit „solchen Menschen nichts am Hut“ haben wollen, zu belästigen. Und obszöne Verkleidungen und halb nackte Menschen gehörten nun auch mal nicht in das öffentliche Blickfeld. Außerdem hätten wir doch in Deutschland gar keinen Grund mehr gegen eine angebliche Diskriminierung zu demonstrieren, denn Schwule und Lesben dürften doch jetzt heiraten und wir hätten ja inzwischen „sogar“ schwule Politiker. Also, warum müsse es denn überhaupt noch CSD`s geben! Es mag ja sein, dass Eltern nicht gerade glücklich reagieren, wenn deren Kinder sich als schwul oder lesbisch zu erkennen geben, aber nach einer gewissen Zeit wäre das doch auch in den Familien kein Problem mehr und unter den heutigen jungen Menschen untereinander wären doch Schwule oder Lesben voll akzeptiert.
Als meine „Freunde“ sich dann auch noch zu der Behauptung hinreißen ließen, dass Schwul- oder Lesbisch-Sein nicht „normal“ sei, denn das wäre ja gegen die Natur, die ja schließlich vorgesehen habe, zwischen Mann und Frau Kinder zu zeugen, da war es mit meiner Beherrschung vorbei. Ich wurde sehr heftig und es kam zu einem regelrechten Streit.
Meine Argumente, dass es unzählige Beispiele gäbe, in denen sich die Eltern von ihren Kindern los sagten, dass z.B. bei verheirateten Schwulen die Ehefrauen die gemeinsamen Kinder von den Vätern entfremdeten, aber dass auch junge Menschen untereinander gleichaltrige Schwule meiden, diskriminieren, ja sogar tätlich angriffen – wurden schlichtweg als übertrieben und „daher geholt“ dar gestellt.
Mein Fazit: Auch wenn wir in Deutschland schon viel erreicht haben, in den Köpfen stecken immer noch die alten Vorstellungen und Menschen der LGBT Community werden als „unnormal“ und „minderwertig“ angesehen. Deshalb sind die CSD´s mit ihrer politischen Botschaft notwendiger, denn je, besonders angesichts des erstarkenden politischen rechten Gedankengutes und des allgegenwärtigen Populismus, bei dem es für die Vielfalt in unserer Gesellschaft keinen Raum gibt.
Günter
Erstellt im September 2019
Das Wetter meinte es absolut gut mit uns – fast schon zu gut. Früh waren Helmut und losgefahren, um noch einen Parkplatz zu finden und um dann den mitgebrachten Bollerwagen zu schmücken. Die Aufstellung der Wagen und Trucks war auf den Altenwall, dem Startpunkt des diesjährigen CSDs. Dort zog es uns natürlich hin und als erstes wurde ein schattiges Plätzchen gesucht, um nicht schon beim Schmücken des Bollerwagens einen Sonnenstich zu bekommen. Es dauerte fast eine Stunde bis wir alles so aufgebaut hatten, wie wir es wollten. Kaum waren wir fertig, da kam bereits der erste aus unserer Gruppe ANS ANDERE UFER ?!. Und eine kleine Weile später waren wir von Gruppenmitgliedern umzingelt. „Alte Hasen“ und auch „Frischlinge“ waren dabei und die Begrüßungen fielen alle herzlich aus. Zwischendurch wurde dann auch geschaut welche anderen Gruppen und Parteien dabei waren, die hier ihre großen Wagen vorbereiteten.
Um 12:00 Uhr sollte die Demonstration starten, es wurde allerdings 12:30 Uhr. Angeführt wurde der Zug von dem neuen Bremen Bürgermeister Andreas Bovenschulte, Irene Klock (sie war vor 40 Jahren beim ersten CSD in Bremen dabei), Robert Dadanski (Organisator) und die Senatorin Anja Stahmann. Als wir den Altenwall Richtung „Am Wall“ verließen, kamen immer mehr Lesben, Schwule, queere, bi-, trans- und intersexuelle Menschen dazu, um gegen Diskriminierung und Ausgrenzung zu demonstrieren. Am Ende waren es wohl mehr als 10.000 Menschen, die friedlich und mit bester Stimmung durch sie Straßen der Stadt, vorbei am Hauptbahnhof, in die Bürgermeister-Smidt-Straße, über den Brill in die Obernstraße zogen. Am Marktplatz kam es wegen einer Zwischenkundgebung zu einem Stopp. Hier erzählte Irene Klock, die vor 40 Jahren beim ersten CSD in Bremen dabei war, von einem Truck herunter vom ersten CSD in Bremen. Leider konnte man, wenn man etwas abseits stand, kein Wort verstehen. Das war schade, denn über 10.000 Menschen passen nicht auf einmal in Bremens guter Stube (Marktplatz).
Endlich war dieses Jahr das Rathaus mit einer großen Fahne versehen worden, so wie es in anderen Städten aus üblich ist. Vor dem Bürgerschaftsgebäude war auch eine Regenbogenfahne gehisst. Für diese Sonderbeflaggung war eine Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig. Das hat die Bürgerschaft geschafft, weil alle Parteien, außer der AfD, dafür gestimmt haben.
Schade war für mich, dass die meisten Geschäfte in der Innenstadt es nicht für nötig halten uns mit Regenbogenfahnen zu begrüßen. In anderen Städten sind die Straßen und Geschäfte bunt in Regenbogenfarben geschmückt. Dort fühlt man sich willkommen, sei es in Oldenburg oder Hamburg und in Köln sowieso.
Nach einiger Zeit setze sich die Parade wieder in Bewegung Richtung Goetheplatz. Hier fand die Abschlusskundgebung mit Reden und Musik bis Mitternacht statt. Wir konnten da leider nicht dabei sein. Mit unserem Bollerwagen wäre sowieso wegen der Menschenmassen kaum ein Durchkommen gewesen. So haben wir uns dann von den vielen Gruppenmitgliedern und deren Freunden, die die Demo begleitet haben, kurz vorher verabschiedet.
Für uns und auch für unsere Gruppe war das ein erfolgreicher CSD. Die neue Streckenführung war auch besser als im letzten Jahr. Nur die Kundgebungsplätze waren wieder einmal zu klein. Vielleicht sollte man für den Abschluss zur Bürgerweide gehen, dann könnten auch mehr Teilnehmer die Reden hören.
Norbert
Erstellt im September 2019
Respektvolles Miteinander in einem bunten Team
Von Heino habe ich erfahren, dass sein Arbeitgeber die Siemens AG bereits eine Woche vor dem CSD Bremen die Regenbogenfahne vor dem Gebäude in Bremen gehisst hat. Zum Tag des CSDs am 31.08.2019 gab es von Siemens ein Statement, welches von der Betriebsleitung der Niederlassung Bremen an die Mitarbeiter verschickt wurde. Für mich ist das Verhalten der Siemens AG vorbildlich und ich freue mich, dass ich es an dieser Stelle veröffentlichen darf.
„Liebe Kolleginnen, liebe
Kollegen,
die Niederlassung Bremen zeigt Flagge – im wahrsten Sinne des Wortes: In diesen Tagen weht vor unserem Gebäude die Regenbogenfahne. Im Zuge des bevorstehenden Christopher Street Day
am morgigen Samstag in Bremen sprechen wir uns wie viele Siemens-Standorte
in Deutschland gegen Homophobie aus und bekennen Farbe für Toleranz, Akzeptanz und für ein respektvolles Miteinander.
„Bei uns muss niemand die eigene Identität an der Firmenpforte abgeben“, sagt unser Personalvorstand Janina Kugel. Sie bringt damit zum
Ausdruck, worauf es unserem Unternehmen ankommt: Bei Siemens verstehen wir Vielfalt als Bereicherung! Wir kooperieren unabhängig von ethnischer Herkunft, Kultur, Religion, Alter,
Behinderung, Hautfarbe, Geschlecht, sexueller Identität und Orientierung. Bei uns wirken verschiedene Denkweisen, Hintergründe, Erfahrungen, Kompetenzen und individuelle Qualitäten zusammen.
So sind wir nicht nur ein buntes Unternehmen, sondern vor allem innovativer und wettbewerbsfähiger.
Bei Siemens in Deutschland arbeiten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus 125 unterschiedlichen Nationen. Der Frauenanteil liegt im
Bundesgebiet bei etwa 11 Prozent. Rund 6.500 Menschen mit einer Behinderung sind hierzulande bei Siemens beschäftigt.
Siemens lebt Vielfalt - auch hier in Bremen! Und dafür setzen wir uns auch weiterhin ein.
Mit besten Grüßen
Ihre Betriebsleitung und Ihr Betriebsrat
der
Niederlassung Bremen“
Erstellt im September 2019
Norbert
In der Ausgabe des Weser-Kuriers
vom 19.08 2019 war folgender Artikel über uns zu lesen:
Bremer spricht über
Homosexualität
Elena Matera 18.08.2019
Norbert Jäger führte mit seiner Frau eine Bilderbuchehe. Sie lebten glücklich mit ihren drei Kindern zusammen. Mit 48 Jahren gestand er seiner Familie, dass er schwul ist.
Norbert Jäger stellt den Butterkuchen auf den gedeckten Wohnzimmertisch. Der Kuchen kommt frisch aus dem Ofen. Helmut Sievers füllt derweil den Kaffee in die Tassen. Zärtlich berührt er Jäger dabei an der Schulter. Seit gut 16 Jahren sind die beiden Männer ein Paar. Ob Barbesuche, Einkäufe oder Spaziergänge – sie unternehmen so gut wie alles gemeinsam. „Uns gibt es quasi nur im Doppelpack“, sagt Jäger. Der 65-Jährige ist glücklich mit Sievers in dem kleinen Haus mit Garten mitten in Gröpelingen.
Vor 16 Jahren führte Jäger noch ein anderes Leben – als Familienvater, mit seiner Frau und drei Kindern. Eine „Bilderbuchehe“, wie er selbst sagt. Seine Frau lernte Jäger bei einer Betriebsfeier Anfang der 80er-Jahre kennen. Sie heirateten, bekamen drei Kinder. Es sei eine schöne Zeit gewesen. „Ich bereue nichts“, sagt er. Doch Jäger spürte, dass irgendetwas fehlte. Mit Anfang 40 wurde ihm erstmals so richtig bewusst: Er war schwul. So etwas gehe nicht von heute auf morgen. „Es war ein langsamer Prozess“. Blickt Jäger auf sein Leben zurück, erkennt er, dass es bereits früher Anzeichen gab.
Jäger wuchs in einem 800-Seelendorf im Landkreis Vechta auf. Er wurde katholisch erzogen, musste regelmäßig zum Sonntagsgottesdienst und zur Beichte. „Ständig wurde mit der Hölle und der Verdammnis gedroht“, sagt er. Als Kind habe er nur heimlich mit den Puppen seiner kleinen Schwester gespielt. Auch die Neckermann-Kataloge schaute er sich gerne an – die Seiten mit den männlichen Unterwäschemodels. Frauen interessierten ihn nicht. Er habe dabei stets ein schlechtes Gewissen gehabt. „Ich wusste, dass etwas nicht stimmte“, sagt Jäger, „aber ich konnte es nie richtig einordnen.“ Vor 50 Jahren gab es noch kein Internet, keine Foren, Chats, keine Zugänge zu Informationen rund um das Thema Homosexualität. Auch Eltern und Freunden konnte sich Jäger damals nicht anvertrauen.
„Verdränge! Gehe dagegen an! Suche dir ein Mädchen!“ – diese Sätze sagte er sich immer wieder. Mit 18 Jahren lernte er in der Disco schließlich seine erste Freundin kennen. Sie kam aus dem Nachbardorf, die Beziehung hielt sechs Wochen. Später hatte er eine weitere Freundin, mit der er auch intimer wurde. Doch der Sex habe ihn nicht umgehauen. Woran das lag, habe er nicht weiter hinterfragt. Die Gesellschaft habe ihm vorgelebt, wie die normale Familie auszusehen hat: Vater, Mutter Kind. „Man kennt das. Und man denkt automatisch: Das muss so sein“, sagt Jäger. Damals galt außerdem noch der Paragraf 175: Männer, die bei sexuellen Handlungen mit dem gleichen Geschlecht entdeckt wurden, drohten lange Gefängnisstrafen. Nach Schätzungen des Bundesjustizministeriums wurden bis zur Abschaffung des Gesetzes im Jahr 1994 gut 64 000 Schwule verurteilt.
„Ich habe meine Frau als Menschen geliebt“, sagt Jäger. Ihm ist wichtig, dass sie das weiß. Aber irgendwann sei es nicht mehr weitergegangen. Mit 40 begann sich Jäger mit Männern zu treffen, seine Frau wusste nichts davon. Mehrere Jahre lang ging das so. „Ich habe damals nicht mit offenen Karten gespielt.“ Heute bereue er das sehr. „Ich liebte meine Frau, meine Kinder. Ich wollte das alles nicht verlieren.“
Als er schließlich einen Mann kennenlernte, in den er sich verliebte, verließ er seine Familie Hals über Kopf. Er sagte ihnen, dass er einen Mann liebte. Damals war er 48 Jahre alt. Die Beziehung zu dem vermeintlichen Traummann hielt nicht lange. „Er hatte viele Probleme. Das ist nicht lange gut mit uns gegangen. Aber ich bin ihm sehr dankbar, dass er mich aus der Ehe herausgeholt hat“, sagt Jäger. Seine drei Kinder brachen den Kontakt zu Jäger ab, distanzierten sich. Beim sogenannten Coming-out waren seine Töchter elf und 14 Jahre alt, der Sohn war 18. „Die Kinder waren Teenager, für sie war es ein Schock. Sie konnten es erst nicht akzeptieren“, sagt Jäger.
Das Outing bei Kollegen und Freunden verlief ruhiger. Es gab teilweise sogar die Anerkennung für seinen Mut, ein neues Leben anzufangen. „Mir ging es danach besser. Es war wie ein Befreiungsschlag.“ Auch seiner Mutter erzählte er davon. Sie sei erst erschrocken gewesen, sagt Jäger. Dann habe sie zugegeben, dass sie bereits früher etwas geahnt hätte. Doch sie war mit ihren Gedanken nie auf ihren Sohn zugekommen. Schließlich hatte er ja auch eine Frau geheiratet. „Man sprach eben nicht darüber“, sagt Jäger. „Das geschieht heute leider noch zu oft.“
Drei Monate nach seinem Coming-out lernte er schließlich Helmut Sievers kennen. Auch Sievers war verheiratet, hatte einen Sohn und bereits seine Frau verlassen. Er hatte ebenfalls ein schwieriges Coming-out hinter sich, „das war ganz schlimm. Es gab damals sehr viele Tränen“, sagt Sievers. „Hier habe ich es meiner Ehefrau erzählt.“ Er zeigt auf die kleine Küche, die an das Wohnzimmer angrenzt. Jäger und Sievers leben heute in eben jenem Haus, in dem Sievers zuvor jahrelang mit seiner Familie gelebt hatte. Seine Frau lebt im unteren Stockwerk in einer eigenen Wohnung. „Das ist ungewöhnlich und manchmal nicht ganz so leicht“, sagt Sievers. „Aber es gelingt mit Respekt, Rücksichtnahme und vielen Gesprächen.“
Nach Jägers Coming-out besuchten die beiden Männer gemeinsam die Selbsthilfegruppe „Schwule Väter in Bremen“ im Rat & Tat im Viertel. „Wir haben dort gesehen, dass wir nicht alleine sind“, sagt Jäger. Das habe damals geholfen. Beim ersten Treffen hörte Jäger nur zu. Die Worte kamen ihm erst bei späteren Treffen über die Lippen. Mit der Zeit kamen sich auch Jäger und seine Kinder wieder näher. Es folgten zahlreiche Gespräche. Auch mit seiner Frau hat er heute endlich wieder Kontakt. „Das Zueinanderfinden hat lange gedauert“, sagt Jäger. „Ich kann es ihr nicht verübeln.“ Inzwischen sind Jägers und Sievers Familie zu einer großen Familie zusammengewachsen. „Wir verstehen uns alle sehr gut, unterstützen uns.“ An Weihnachten komme die gesamte Familie zu Besuch in das kleine Haus in Gröpelingen. „Uns freut das sehr. Das ist viel wert“, sagt Jäger.
Die Selbsthilfegruppe „Schwule Väter in Bremen“ gibt es mittlerweile nicht mehr. Dafür haben Sievers und Jäger vor neun Jahren eine neue Gruppe gegründet: „Ans andere Ufer?!“. Sie richtet sich an schwule Männer in Bremen und Niedersachsen, die sich im Alter outen wollen oder diesen schweren Schritt bereits getan haben. Die Gruppe ist sehr wichtig, sagt Jäger. Denn auch heute gebe es noch zahlreiche Familienväter, die in derselben Situation steckten wie einst Sievers und Jäger. „Wir machen ihnen klar: Niemand trägt die Schuld. Weder die Frau noch der Mann“, sagt Jäger. „Wir sprechen auch oft mit den betroffenen Ehefrauen, versuchen es ihnen zu erklären.“ Einige Frauen seien sehr verzweifelt. „Manchmal rufen auch welche bei uns an, weil sie befürchten, dass ihre Männer schwul sind. Auch da helfen wir immer weiter.“
Jäger und Sievers werden von den meisten Menschen mittlerweile als Paar akzeptiert. „Wir leben gerne in Gröpelingen. In unserer Stammkneipe werden wir von allen Gästen respektiert“, sagt Jäger. „Die Menschen freuen sich, wenn sie sehen, wie wir selbstverständlich lieben, leben und es auch zeigen. Wir bekommen sogar Freigetränke ausgegeben.“ An eine Situation erinnern sich Jäger und Sievers besonders gerne. Bei einer Kohlfahrt seien die beiden Männer in einer Gaststätte in Borgfeld auf die Tanzfläche gegangen. „Wir tanzen sehr gerne“, sagt Sievers. „Bei dem ein oder anderen Mann ist dann allerdings die Kinnlade heruntergefallen.“ Sievers muss lachen, als er davon erzählt. „Wenn Frauen zusammen tanzen, sagt keiner etwas. Aber bei Männern ist das immer noch ein Problem.“ Ein Gast habe sich damals sogar beim Wirt beschwert. „Der hat aber super reagiert und den Mann fast aus dem Laden geworfen“, sagt Sievers.
Der Mann in der Gaststätte sei kein Einzelfall in Bremen. Es gebe immer noch viele Menschen, die Homosexualität nicht akzeptierten. Händchen haltend auf den Straßen in Gröpelingen zu laufen – das vermeiden Jäger und Sievers bis heute. „Das ist für verschiedene Kulturen immer noch provokativ“, sagt Jäger. In vielen Köpfen stecke leider noch fest, dass sie als Paar „nicht normal“ seien. Auch in ihrer Selbsthilfegruppe gebe es immer wieder Negativbeispiele zu hören. Der Vater eines Mannes habe etwa nach dessen Coming-out kein Wort mehr mit seinem Sohn gesprochen, bis zu seinem Tod. Bei einem anderen Mann bete die Mutter seit Jahren regelmäßig in der Kirche, dass der Sohn wieder gesund werden soll. Also: heterosexuell. Der Sohn sei mittlerweile über 60 Jahre alt. Auch Sievers und Jäger erleben ab und zu Beschimpfungen auf der Straße, ernten schiefe Blicke. Jäger schaut Sievers an. „Je selbstverständlicher wir uns geben, desto weniger Angriffsfläche geben wir den Menschen“, sagt er, „wir leben unser neues Leben.“
Selbsthilfegruppe für das späte Coming-out
Das „Ans andere Ufer?!“ ist eine Selbsthilfegruppe für das späte Coming-out für schwule Männer in Bremen und Niedersachsen. Vor neun Jahren haben Norbert Jäger und Helmut Sievers die Gruppe ins Leben gerufen und leiten sie seitdem gemeinsam. Die Teilnehmer treffen sich einmal im Monat im Rat & Tat-Zentrum in der Theodor-Körner-Straße 1 im Bremer Viertel.
An den Treffen nehmen Singles, verheiratete Männer und Familienväter teil, die alle mehr als 30 Jahre alt sind. Einige haben ihr Coming-out bereits hinter sich, anderen steht dieser schwere Schritt noch bevor. Auch Unentschlossene und Interessierte können an den Treffen teilnehmen.
Laut Jäger wird es für Männer immer schwerer sich zu outen, je älter sie werden. Innerhalb der Gruppe erhalten sie daher die Möglichkeit, sich in einem kleinen Kreis auszutauschen und sich gegenseitig zu unterstützen. Muss ich mich im Job outen? Wie sage ich es meiner Familie? Bin ich schwul oder bi? Macht ein Neustart des Lebens weges in meinem Alter Sinn? Eben jene Fragen können gemeinsam besprochen und beantwortet werden.
Gut 20 Männer besuchen derzeit die Selbsthilfegruppe. Interessierte können vor einem Besuch schriftlich Kontakt mit Jäger und Sievers aufnehmen. Die E-Mail-Adresse lautet ans-andere-ufer@t-online.de.
Hier ist noch der Link zum Original-Artikel:
https://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-stadt_artikel,-das-outing-als-befreiungsschlag-_arid,
Wir hoffen, dass durch diesen Artikel, Männer den Mut finden, sich zu outen, wenn sie in der gleichen Situation stecken, so wie wir damals.
Norbert und Helmut
Erstellt im August 2019
Schatten und Licht
In den letzten Urlauben waren wir gerne in Polen. Abgesehen davon, dass es für Deutsche dort preiswert ist, haben wir in diesem Land nur positive Erfahrungen gemacht. Die Menschen dort sind freundlich und zuvorkommend sowie hilfsbereit. Wir, Helmut und ich, sind, wenn man die Augen offen hat, sicher als schwules Paar zu erkennen – auch, wenn wir nicht Händchen haltend durch die Urlaubsorte schlendern. Umso mehr waren wir schockiert, als es beim ersten CSD dieser fast 300.000 Einwohner zählenden Stadt Bialystok zu Ausschreitungen von Seiten etlicher Gegendemonstranten gekommen ist.
Kurzinfo
Białystok ist die Hauptstadt und einzige Großstadt der polnischen Woiwodschaft Podlachien. Die Stadt bildet das Zentrum einer weißrussischen Minderheit, besitzt mehrere Hochschulen und ist an den Eisenbahnstrecken von Warschau Richtung Kaunas/Vilnius bedeutendster polnischer Verkehrshalt. Białystok liegt in einer ertragreichen ländlichen Region, hat aber auch Bedeutung im Bereich des Maschinenbaus und der Elektro-, Metall und Bierindustrie. Von Mitte des 19. bis Anfang des 20. Jahrhunderts existierte hier auch eine zahlenmäßig bedeutsame deutsche Minderheit.
– Wikipedia.
Schatten
Steine, Böller und Flaschen flogen bei der ersten Gay-Pride-Parade am 20.07.2019 in dieser Stadt. Eine Gruppe von Hooligans hat die ca. 800 bis 1.000 Teilnehmer*innen der Demo an diesem Samstag attackiert. Auch die Einsatzkräfte, die den Umzug absicherten, wurden angegriffen. Daraufhin setzte die Polizei unter anderem Tränengas ein und verhaftete etwa 25 der Randalierer.
Nationalistische und katholische Gruppen veranstalteten aus Protest ca. 40 Gegenkundgebungen. Der Umgang mit den Schwulen und Lesben wird in dem tief katholischen Land kontrovers diskutiert. Jaroslaw Kaczynski, Partei-Chef der rechtsnationalistischen Regierungspartei PiS, hatte Homosexuelle im April 2019 noch als "Bedrohung" für sein Land bezeichnet.
Licht
Damit hatte wohl keiner gerechnet: Der Hass hat nicht das letzte Wort: Acht Tage nach den schweren Ausschreitungen zum ersten CSD in Bialystok hatten am Sonntag (28.07.2019) tausende Menschen in der Stadt unter dem Motto "Polen gegen Gewalt" ein friedliches, buntes und wichtiges Zeichen gesetzt. Zuvor hatte es in den letzten Tagen ähnliche Kundgebungen in rund 20 Städten gegeben, alleine in Warschau beteiligten sich am Samstag tausende Menschen bei einem Protest mit zahlreichen Regenbogenflaggen am Kulturpalast.
In Bialystok hielten mehrere Vertreter von LGBTI-Organisationen sowie Politiker bei einer Kundgebung in der Innenstadt Reden ab – eine Demonstration war aus Sicherheitsgründen nicht genehmigt worden. "Als ich meiner Mutter erzählte, dass ich schwul bin, war sie am Boden zerstört", erzählte der offen schwule Politiker Robert Biedron. "Denn sie hatte all die Geschichten gehört, dass Homosexualität abnormal wäre. Heute ist meine Mutter unter uns. Sie hält eine Regenbogenflagge. Ein Wandel ist möglich."
Am Rande der Kundgebung hatten sich mehrere Personen zu einem Gegenprotest versammelt und Plakate wie "Stoppt Gewalt gegen die Kirche" gehalten. Sie versuchten, Teilnehmer der Anti-Gewalt-Kundgebung in Auseinandersetzungen zu verwickeln und diese als auswärtige Besucher darzustellen. Abseits von Provokationen und homophober Botschaften blieb es aktuellen Medienberichten zufolge friedlich.
Die Kirche und PiS-Politiker werden sich nicht änderten, aber das polnische Volk lernt dazu und das macht Hoffnung. In Bremen findet der diesjährige CSD am 31. August statt und wir freuen uns, dass zum dritten Mal auch eine Delegation des Danziger LSBTI dabei sein wird.
Und wir machen sicher wieder Urlaub in Polen . . .
Norbert
Erstellt im Juli 2019
Motto: „Vielfalt statt Einfalt“
Helmut und ich wollten uns dieses Mal die CSD-Demonstration in aller Ruhe ansehen. Ohne Stress und Parkplatzsuche sowie der Umwelt zu Liebe entschieden wir uns für die Bahn. Leider war das mal wieder ein großes „Abenteuer“ – im Sinne von abenteuerlich. Zwei Stunden waren wir, bedingt durch Zugausfälle und Verspätung unterwegs. Bekommen die NWB und die DB gar nichts mehr hin? Wie gut, dass wir rechtzeitig das Haus verlassen hatten. Kurz bevor die Parade am Schlossplatz in Oldenburg beginnen sollte, hatten wir unser Ziel erreicht.
Wer hätte das gedacht, als der 1. CSD Nordwest im Juni 1995 veranstaltet wurde, dass beim 25jährigen Jubiläum ca. 12.000 queere Menschen teilnehmen würden? Früher war die queere Community jedoch nicht immer derart offen und unbekümmert zu ihrer Sexualität stehend durch die Stadt gezogen: Beim ersten Christopher Street Day (CSD) 1995 waren die Teilnehmer noch maskiert. Damals rümpften viele Menschen an den Straßen noch die Nase: "Viele sagten: Was soll das denn? Was wollen die denn? Können die wegbleiben?", sagt der Sprecher des CSD Nordwest, Kai Bölle. "Heute traut sich das keiner mehr zu sagen." Heute ist alles offener, wir haben in den Jahren viel erreicht – zumindest gesetzlich. In vielen Köpfen ist das leider immer noch nicht so richtig angekommen. Auf dem letzten Gruppenabend mussten wir in unser Runde verstellen, dass die CSD-Demos wichtiger denn je sind.
Bunt, laut, mit Fahnen, Bannern, viel Glitzer und dem ein oder anderen gewagten Outfit starteten die Teilnehmer der Demo-Parade vom Schlossplatz. 41 Gruppen, 18 Demowagen und 23 Laufgruppen liefen und fuhren begleitet von lauter Musik durch die Straßen von Oldenburg. Ca.8.000 Zuschauer sahen sich am Straßenrand das bunte Treiben an.
Nachdem die Demo am Schlossplatz gestartet war, ging es entlang dem Staugraben, über den Pferdemarkt, vorbei am Theaterwall und endete nach knapp zwei Stunden wieder am Schlossplatz.
Das anschließende Kulturfest im Anschluss bot ein bunt gemischtes Programm aus Reden verschiedener Vereine und Künstler_innen. Gleichzeitig verwandelten mehrere DJ´s hinter der Lambertikirche den Bereich um in eine Tanzfläche, die nach kürzester Zeit mit unzähligen tanzenden CSD-Teilnehmer_innen gefüllt war.
Wir freuen uns in diesem Jahr noch auf weitere CSD-Veranstaltungen in anderen Städten – und besonders den CSD am 30. August 2019 in Bremen.
Norbert
Erstellt im Juni 2019
03.05. - 05.05.2019 im Waldschlösschen
Ich habe zum dritten Mal mit großer Begeisterung daran teilgenommen und dort viele Männer aus den vorherigen Seminaren wieder getroffen. Ich wurde von allen sehr herzlich empfangen und begrüßt, auch von denen, die ich vorher noch nicht kannte. Überhaupt ist es die große Herzlichkeit und Offenheit von jedem Einzelnen, das diese Seminare im Waldschlösschen so einzigartig macht.
Das Treffen wurde dieses Mal gemeinsam von den Schwule-Väter-Gruppen aus dem Saarland und Essen unter dem Motto „Grenzenlos bunt“ durchgeführt. Wie schon gewohnt gab es eine Vielzahl von sehr professionell und ebenso einfühlsam geleiteten Workshops. Bei der Vielzahl der interessanten und überzeugenden Angebote fiel es schwer, sich für einen Termin zu entscheiden. Schließlich entschied mich ich für das Thema „Ich bin schwul – und das ist gut so?“ und für eine Gesprächsrunde unter dem Überschrift „Wieder im Schloss . . . und die Welt dreht sich immer noch weiter“. Beide Seminare waren für mich – und ich denke auch für die anderen Männer in der Runde – außerordentlich emotional, so dass ich das Bedürfnis hatte mich anstelle eines dritten ernsthaften Themas in einem „Wohlfühlnachmittag“ bei verschiedenen geführten Meditationen und Körperwahrnehmungs-Übungen zu entspannen.
Am Freitagabend präsentierten „Mathias und Matthias“ mit Sebastian einfühlsame Lieder und Gedichte unter dem Motto „Willst Du mit mir gehen“, jeweils begleitet von Keybord und der Gitarre. Danach gab es noch einen sehr lustigen aber dennoch anspruchsvollen spanischen Film mit deutschen Untertiteln über das Thema „Spätes Coming Out“.
Am Samstag fand dann wieder die traditionelle große Party statt. Zum Thema passend hatten sich die meisten Männer sehr phantasievoll bunt verkleidet. Die den Abend ausrichtenden Väter hatten ein sehr lustiges, aber dennoch anspruchsvolles Programm dargeboten. Mehrere super aufgetakelte Drag-Queens durften natürlich auch nicht fehlen.
Vor dem großen Abschlussplenum am Sonntag, also vor allen ca. 90 Teilnehmern, hat mich Frank aus unserer Gruppe über meine sehr persönliche Lebensgeschichte sehr professionell interviewt. Mir war es eigentlich gar nicht so recht, so besonders heraus gestellt zu werden, denn meine Biographie gleicht doch den zum großen Teil leidvollen Erfahrungen auch aller anderen schwulen Väter, nur mit dem Unterschied, dass ich als ältester Teilnehmer eine Zeit erlebte, in der es faktisch den Begriff Homosexualität nicht gab, bzw. geben durfte. Ich glaube aber, dass ich einigen Männern Mut machen konnte, auch unter widrigen Umständen zu ihrer Sexualität zu stehen und sie zu leben. So lautete denn das Motto des Interviews auch ganz treffend „Günter, 83 – Und jetzt erst recht!“
Unsere Bremer Gruppe war mit Frank und Ingo, Claus und Carsten, Constantinos, Martin sowie Frank und mir gut besucht.
Günter
Erstellt im Mai 2019
In Osnabrück wurden die diesjährigen CSD-Demos am 27.04.2019 eröffnet. Das Motto zum ersten Christopher Street Day seit 14 Jahren in Osnabrück lautete: „Osnabrück ist bunt“. Am Ende waren es wohl ca.1.300 Teilnehmer, die in der Parade mit liefen. Der Umzug startete am Hauptbahnhof und ging dann durch die Fußgängerzone in Richtung Marktplatz.
Soweit erst mal die Fakten. Es folgen in vielen Städten noch weitere CSDs. Jede einzelne Demonstration zu den CSDs ist wichtig. Wichtig deshalb, weil wir nach wie vor Flagge zeigen müssen. Unsere Regenbogen-Flagge gegen Hass, Pöbeleien und Gewalt – Gewalt gegen alle Lesben, Schwulen, Transsexuellen.
Die Verfolgung von Homosexuellen herrscht auf der ganzen Welt. Das jüngste Beispiel: Burnei wendet das Scharia-Recht an, um Schwule zu steinigen. In weiteren zehn Ländern auf der Welt steht die Todesstrafe auf gleichgeschlechtliche Liebe. In vielen Ländern gibt es Gesetze, die homosexuelle Liebe unter Strafe stellen. Besonders in afrikanischen Ländern werden homosexuelle Menschen verfolgt, eingesperrt oder gar getötet.
In 70 Ländern gibt es Gesetze gegen Homosexualität. Auch die UN-Mitgliedsstaaten wie Jemen, Sudan, Iran, Irak, Nigeria, Somalia, und Saudi-Arabien sehen immer noch eine Todesstrafe für homosexuelle Handlungen vor.
In vielen südamerikanischen Ländern schützen die Verfassungen LGBT vor Diskriminierung. Doch auch hier gibt es wieder dramatische Ausnahmen: In Honduras und Venezuela gibt es weitreichende Verfolgungen von Homosexuellen und Menschen, die sich für die Rechte von Schwulen und Lesben einsetzen. Aktivisten stoßen immer wieder an ihre Grenzen im Kampf für die Rechte von Homosexuellen. Etwa dann, wenn Länder wie China oder aus der arabischen Welt behaupten, bei uns gibt es keine Homosexuellen. Uganda und Nigeria haben ebenfalls ihre Gesetze verschärft.
Unterdrückt werden die Menschen besonders im Norden von Afrika, im Nahen Osten, aber auch in Gegenden wie in der ehemaligen Sowjetunion. In Tschetschenien gibt es seit 2007 eine Verfolgung gegen Homosexuelle. Viele Menschen fliehen nach Moskau oder St. Petersburg und suchen dort Zuflucht.
Aber wir müssen gar nicht so weit schauen. Auch in Deutschland es gibt es eine besorgniserregende Entwicklung: Die Transfeindlichkeit und die Feindlichkeit gegen Homosexuelle sind auch bei uns wieder auf dem Vormarsch und haben zugenommen. Es ist wieder salonfähig gegen Lesben und Schwule zu hetzen.
So gesehen müssen wir uns zeigen. In jeder Stadt in der ein CSD organisiert wird sollten wir dabei sein. Wir müssen uns einsetzen für die Menschenrechte auf der ganzen Welt. Beginnen wir damit in Deutschland, um den Hass, der Pöbeleien und der Gewalt entgegen zu treten. Der CSD in Osnabrück war dieses Jahr der Erste. Es folgen noch viele in der der gesamten Republik. Der CSD in Bremen findet am 30.08.2019 statt – sei dabei . . .
Norbert
Erstellt im Mai 2019
Ich kenne viele Menschen mit islamischem Glauben, Frauen wie Männer. Noch nie gab es Differenzen zwischen uns, obwohl sie wissen, dass ich schwul bin. Ganz im Gegenteil, die Frauen wie auch die Männer umarmen mich ganz selbstverständlich und herzlich. Wir achten und respektieren uns gegenseitig.
Und dann gibt es den internationalen Islam, vorwiegend in den arabischen Ländern. Wenn wir dort Urlaub machen wollen, dann werden wir geduldet, denn wir bringen Devisen ins Land. Das war es aber auch schon, denn am liebsten würde man uns nicht ins Land lassen. In den meisten muslimischen Ländern erwarten Lesben und Schwulen empfindliche Strafen, wenn sie ihre Homosexualität öffentlich zeigen.
Und nun ist in Brunei ein verschärftes Strafrecht in Kraft getreten, das unter anderem für gleichgeschlechtlichen Sex die Todesstrafe vorsieht, trotz internationaler Proteste. Die Regelung basiert auf der islamischen Scharia Die EU kritisierte die Strafen deutlich und warf Brunei die Verletzung internationaler Verträge zum Schutz von Menschenrechten vor.
Brunei steht wegen der neuen Gesetze in der Kritik. UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet bezeichnete die Strafen als "grausam und unmenschlich", Deutschland, Frankreich und die USA riefen das Sultanat zur Achtung der Menschenrechte auf.
Einige internationale Prominente fordern den Boykott der neun Luxushotels im Besitz des Sultanats in Großbritannien, Frankreich, Italien und den USA.
Das Sultanat auf der Insel Borneo ist das erste Land in Ost- und Südostasien, das sich mit seinem Strafgesetzbuch am islamischen Recht der Scharia orientiert. Ähnlich halten es bisher bereits einige Nahost-Staaten und Saudi-Arabien. Das Auswärtige Amt riet Reisenden in Brunei angesichts der Strafrechtsverschärfungen zu besonderer Vorsicht. Besucher sollten sich mit den landesspezifischen Gesetzen vertraut zu machen.
In einigen Muslimischen Ländern in Afrika und Asien sind die Gesetze für gleichgeschlechtliche Liebe am strengsten. Im Sudan, Iran, Jemen und Saudi-Arabien droht bei sexuellen Handlungen unter Männern die Todesstrafe.
Auch wenn die Akzeptanz in Europa größtenteils vorhanden ist: Die "Ehe für Alle" ist längst nicht in allen Ländern erlaubt. In vielen osteuropäischen Ländern wie Polen, Ungarn oder der Ukraine ist die Ehe in der Verfassung nur als Verbindung zwischen Mann und Frau definiert.
Man muss auch bedenken, dass Lesben und Schwule in Deutschland erst seit 2017 heiraten können – wie jedes heterosexuelle Paar auch. Davor hatten sie die Möglichkeit, eingetragene Lebenspartnerschaften zu schließen. Mit der "Ehe für Alle" sind homosexuelle Paar nun wirklich gleichgestellt, auch was etwa das Adoptionsrecht angeht.
Lange Zeit waren homosexuelle Handlungen unter Männern auch in Deutschland verboten. Der Paragraf 175 im deutsche Strafgesetzbuch, der das regelte, stammte noch aus dem Kaiserreich, wurde von den Nationalsozialisten und auch von der Bundesrepublik übernommen. Erst ab 1969 wurde der Paragraf gelockert – und erst 1994, nach der Wiedervereinigung, wurde er ganz und ersatzlos gestrichen.
Wie ich bereits am Anfang erwähnte: Ich mag meine islamischen Mitmenschen. Es wäre nur schön, wenn sie auch gegenüber den Ländern, die Homosexuelle verfolgen, ihre Stimme erheben würden.
Norbert
Erstellt im April 2019
Sehr oft sind auch heutzutage auf dem Schulhof Worte wie „Schwuli“, „Schwuchtel“, „schwule Sau“ zu hören. Das macht jungen Schwulen, die noch ihr Coming-Out vor sich haben ängstlich und unsicher. Da hilft es auch nicht, dass man das mit Cliquen-Bildung oder Pubertät erklärt bzw. abtut.
Umso erfreulicher war es für uns, dass wir im Weser Kurier erfuhren, dass die Theater-AG der Gesamtschule West das Theaterstück „Warum hast du nichts gesagt?“ aufführen wollten, um ein Zeichen gegen Ausgrenzung zu setzen.
Als wir am 20.03.2019 um 19:30 Uhr ankamen, war es noch ganz ruhig im Foyer des Bürgerhauses in Oslebshausen. Zwei Tickets zum erschwinglichen Preis von je drei Euro waren schnell gekauft. Langsam füllte sich das Foyer und bald konnten wir im Saal Platz nehmen.
Wir waren gespannt. Im Weser Kurier hatten wir gelesen, dass die Schüler aufgrund der Aktualität ein Statement gegen Rassismus und Homophobie liefern wollten.
Geschrieben hatte das Stück Manuela Richter, die als Lehrerin und Theaterpädagogin am evangelischen Gymnasium in Mylau in Sachsen tätig ist und überarbeitet wurde es von Carina Claus, Sozial- und Theaterpädagogin an der Gesamtschule West. Das Thema behandelt die Homosexuellen-Verfolgung im Dritten Reich und das Coming-Out des homosexuellen Jungen Max, der sich outet und mit den darauf folgenden Reaktionen fertig werden muss. Die heftige Reaktion seiner Mutter irritiert ihn dabei am meisten. Er sucht nach Antworten und zusammen mit seiner Schwester reist er weit in die Familiengeschichte zurück, wo er den Grund für das Verhalten der Mutter findet.
Es war für uns sehr erfreulich, dass die 14- bis 16-jährigen Schüler_innen sich mit diesem Thema auseinander gesetzt hatten – auch jene in Sachsen. Das macht Hoffnung. Es war auch sicher nicht leicht für zwei der Schüler Hand in Hand über die Bühnen zu gehen und auch ihre Zuneigung füreinander zeigen mussten.
Carina Claus erzählte anschließend, dass sich die Schüler_innen ein halbes Jahr mit dem Thema Homosexualität und Ausgrenzung auseinander gesetzt hatten. „Und wenn nur zwei Kinder die Schimpfwörter nicht mehr benutzen, haben wir viel erreicht“, sagte Frau Claus.
Ich denke, dass mehr als zwei Kinder von diesem Theaterstück gelernt haben: Die Akteur_innen selbst und sicher auch die Zuschauer_innen im Saal. Persönlich wünsche ich mir, dass wir mehr Erwachsene haben, die jungen Menschen in dieser Richtung den Weg fürs Leben zweigen.
Norbert
Erstellt im März 2019
Gestern am späten Nachmittag war für uns Kinotag. Es wurde der US-Spielfilm „Der verlorene Sohn“ gezeigt, der nach wahren Begebenheiten gedreht wurde. Es ging um Reparativtherapie eines 18jährigen Schwulen in den USA. Der Film war sehr bewegend und machte zugleich betroffen und wütend. Wütend deshalb, weil im Namen Gottes seelische Folter als Therapie verkauft wird. Es ging soweit, dass sogar einer der Teilnehmer einen Suizid vollzogen hat. Im realen Leben ist der junge Mann heute glücklich in New York mit seinem Mann verheiratet.
Auch heutzutage werden in Deutschland noch Therapien durchgeführt, die homosexuelle Neigungen "heilen" sollen. Diese Behandlung kann für Homosexuelle schwerwiegende Folgen haben.
Schon 2013 wollte die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen Therapien mit Geldbußen ahnden, die die Änderung der sexuellen Orientierung von Minderjährigen zum Ziel hätten, aber ein entsprechendes Gesetz kam in Deutschland nie zustande. Der Bundesgesundheitsminister Jens Span will das nun ändern.
Konversions- oder Reparativtherapien haben zum Ziel, meist junge Menschen von ihrer vermeintlich fehlgeleiteten Sexualität zu "heilen". In der Schwulen- und Queerszene gehen Gerüchte um von eiskalten Duschen oder Elektroschocks, die mit Bildern oder Filmen von homosexuellen Praktiken verbunden werden. Ihr Ziel: entsprechende sexuelle Empfindungen mit Schmerz anstelle von Lust verknüpfen.
Als kürzlich der US-Kinofilm "Der verlorene Sohn" in Berlin vorgestellt wurde, meldete sich anschließend Bastian Melcher zu Wort. Er berichtete von seinen Qualen während einer sogenannten Konversionstherapie. Acht Jahre dauerte seine Behandlung zur Bekämpfung seiner Homosexualität, sagte er. Während dieser Zeit bekam er Ölsalbungen und Dämonenaustreibungen, zudem besuchte er auf Anraten seines Heilers regelmäßig Gottesdienste. Dazu berichtete die taz: Erst ein Besuch beim Christopher Street Day (CSD) beendete seine Angst davor, schwul zu sein. Dabei ist Homosexualität ist weder eine Entwicklungsstörung noch eine Erkrankung.
Homosexuelle erkranken häufiger psychisch als die Allgemeinbevölkerung – das belegen internationale Studien. Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit homo- oder bisexueller Orientierung besteht eine dreifach höhere Suizidrate. Homosexuelle brauchten keine besonderen Therapieangebote, sondern Therapeuten, die einen wertfreien und geschützten Raum bieten.
Trotz allem verzeichnete die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) im zweiten Quartal 2016 115 Behandlungen dieser Art. Die Zahlen sind relativ konstant und liegen hochgerechnet schätzungsweise bei rund 500 Behandlungen im Jahr.
Der Kinofilm und die vermehrte Berichterstattung über diese Heilungs-Therapien haben das Thema in die Öffentlichkeit gerückt. Hoffen wir, dass Jens Span das Gesetz dagegen auf die Reihe bekommt und dass die Anwendung vom Berufsstand der Psychologen und Psychiater geahndet wird.
Norbert
Erstellt im März 2019
Norbert
Erstellt im März 2019
Bei einem Treffen schwuler Väter, wo einige auch mit deren Partnern erschienen sind, stellte sich einer der Teilnehmer, er war vielleicht 60 Jahre alt, mit einem leicht verschmitzten Lächeln, doch erkennbar nicht ohne Stolz, als ‚Bioschwuler‘ unserer kleinen Gesprächsrunde vor.
Scheinbar ebenso unwissend wie ich und ein wenig verschämt darüber den Ausdruck noch nie gehört zu haben, fragte jemand in der versammelten Runde, was das denn sei: Bioschwul?
Naja, er sei ein Bio-Schwuler, eben ein Immer-Schon-Schwuler, wusste schon mit 14/15, dass er schwul ist und hatte bereits mit 16 seine erste schwule Beziehung.
Klar, das unterschied ihn von den anderen in der Runde, die ausnahmslos schwule Väter waren. Er hatte sich noch nie auf eine Frau eingelassen, war schon früh sich seiner Gefühle sicher gewesen, hatte nie eine Familie gegründet. So war er in der Tat in dieser Runde etwas Besonderes.
Bioschwul, ein seltsames aber irgendwie auch schönes Wort. Denn ganz ehrlich, ich bin wahnsinnig neidisch auf sie, die Bioschwulen. Wie gerne wäre ich ein Bioschwuler geworden! Wie sehr beneide ich sie um die schon in jungen Jahren gemachten schwulen Erfahrungen und werde ganz wehmütig wenn ich nur daran denke was bei mir alles hätte anders gewesen sein können . . .
Neidisch und zugleich auch etwas ärgerlich und verunsichert. Denn ganz offensichtlich grenzt der Begriff sich von mir als Spät-Geouteten ab und berührt mich in der Frage meines Selbstverständnisses, stößt mich auf die Fragen, die ich mir immer ja selber immer wieder stelle: Wieso bin ich kein Bioschwuler geworden? Wieso gehöre ich nicht zu den Früh-Geouteten? Was ist falsch gelaufen in meinem Leben? Wer oder was trägt eine Mitschuld daran? Muss ich mich nicht für mein spätes Schwul-Sein erklären? Doch hat bisher nie je ein Schwuler mich danach gefragt, geschweige denn mein Schwul-Sein in Frage gestellt. Warum auch?
Ich selber stelle mir diese Fragen seit meinem Outing vor zwei Jahren und habe lange und oft darüber nachgedacht, rekapituliert und viele Gründe dafür gefunden, warum etwas in dieser und jener Zeit so und nicht anders verlief, habe ein paar Punkte im Leben ausgemacht an denen durch eigene Entscheidungen es anders hätte verlaufen können, habe Entwicklungslinien nachgezeichnet und vieles gefunden das als Erklärung für meine Handlungen herhalten könnte. Aber all das wirkt auf mich eher wie ein Puzzlespiel das lose und zerstreut über den Boden liegt und dessen Teile nicht wirklich zusammenpassen.
Heute ist mir klar: es ist keine solche Entwicklung gewesen. Es gab keine Folge von kleinen Ereignissen die unabdingbar letztlich zu meinen Outing haben führen müssen.
Vielmehr war es ein Bruch, oder besser: Es war ein Ausbruch, ein bedingungsloser Ausbruch von tief in mir liegenden Gefühlen die an die Oberfläche drängten. Genau so hat es sich angefühlt, genau so habe ich es erlebt und so ist es folgerichtig auch ein Bruch in meiner Biografie. Der lässt sich nicht glätten, lässt sich nicht beschönigen. Ich bin heute tatsächlich jemand anderes: Ich bin heute mehr 'Ich' als ich es je war. Die Person die ich einmal war, - ich würde heute sagen, die ich einmal dargestellt habe – ist mir fremd, es gibt sie nicht mehr. Und ich bin sehr froh, dass es diesen Bruch gibt. Denn jetzt gibt es mich, den späten Bioschwulen!
P.S.: über die englische Entsprechung des Begriffs heißt es übrigens im urban dictionary: biogay is
someone who is genetically modified to
be bisexual
Frank
Erstellt im Januar 2019
Folgende Mail habe ich von Emma vom vpnMentor bekommen:
Hallo,
ich habe gesehen, dass Sie lsvd.de / hier
www.ans-andere-ufer.de/links/ erwähnt haben, und ich wollte Ihnen meine Dankbarkeit für Ihre Arbeit an LGBTQ-bezogenen Themen ausdrücken.
Es wäre nett, wenn Sie vielleicht auch einen kleinen Leitfaden zum Thema Sicherheit von LGBTQs im Internet veröffentlichen könnten, der kürzlich herausgegeben wurde. Wussten Sie, dass 73% der
LGBTQs aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität im Internet angefeindet und schikaniert werden? Der angesprochene Leitfaden soll den Betroffenen dabei helfen, sich gegen
diese Anfeindungen zu wehren und sich vor diesen zu schützen.
Hier dazu der Link:
Es werden konkrete Tipps und praktische Anweisungen für alle nur erdenklichen Situationen gegeben.
Vielen Dank für Ihren aktiven Beitrag zum Schutz von LGBTQs im Internet
Emma
Der Artikel von vpnMentor gibt viele Informationen über das Verhalten im Internet und wie man sich gegen Cyber-Mobbing wehren kann. Vor allen Dingen kann man sich Vorbeugend schützen. Einfach mal durchlesen.
Norbert
Erstellt im Januar 2019
Mit uns kannst du in Kontakt treten oder einfach zu einem der
Treffen kommen.
Wir treffen uns jeden zweiten Dienstag im Monat.
um 20:00 Uhr im Rat & Tat Zentrum für Schwule und Lesben.
Trefffpunkt und Eingang:
An der Neben-Tür ins Rat & Tat Bremen links von der Tür vom Café Kweer (Trans*Café), ab 19:45 Uhr.
Getränke sind eigenständig mitzubringen.
Theodor-Körner-Straße 1, 28203 Bremen
Ansprechpartner:
E-Mail: